Glücksspiel: welche Gesellschaft und welche Werte wollen wir

Am 13. April 2011 fand im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags eine ganztägige Anhörung zum Glücksspielgesetz statt. Einige offene Fragen nach der Anhörung:

Eine Liberalisierung des Glückspiels bedeutet Marktzuwachs. Werbung für „legales Spiel“ bedeutet, mehr Menschen an das Glücksspiel heranzuführen. Mehr Menschen, die damit umgehen können, ebenso wie Menschen, die dies nicht können. Nicht wenige Spieler reißen nicht nur sich selbst, sondern auch Familie und Freunde, Haus und Hof mit in den finanziellen Abgrund. Auch Kinder und Jugendliche würden mehr Werbung wahrnehmen.

Glücksspiel soll gesellschaftsfähig werden. Pokern soll Volkssport sein. Die Suchtgefahren und Suchtfolgen werden dabei von Manchem geringer dargestellt, als bei Tabak und Alkohol. Der Vergleich hinkt. Mit „legalen Drogen“ gibt es schon genug Probleme. Ein Grund, das Tor für weitere gesellschaftliche Probleme noch mehr zu öffnen? Die Jugendschutzbestimmungen gegen Tabak und Alkohol sind vor nicht langer Zeit verschärft worden. Mit erkennbaren Erfolgen!

Bei den „harten Drogen“ war die Linie immer klar: Trotz des illegalen Marktes wäre man nie auf die Idee gekommen, den Markt zu „kontrollieren“, zu „kanalisieren“, zu „konzessionieren“ oder gar zu besteuern. Beim Glücksspiel nur Ansichtssache? Die Regulierbarkeit des Marktes durch Öffnung ist zweifelhaft. Es soll im Internet ca. 5.000 illegale Glücksspielanbieter geben. Werden sie nach einer Konzessionierung und Markterschließung durch einige „gute“ Unternehmen einfach verschwinden? Werden alle heutigen und künftigen Problemspieler „zu den Guten“ wechseln?

Die Aussicht auf Mehreinnahmen für die Staatskasse kann die ordnungspolitische Verantwortung nicht verdrängen. Es geht um die Frage, welche Gesellschaft wir in Zukunft haben wollen. Handeln wichtige Werte und Zukunftsvorstellungen noch von und für Menschen, die arbeiten und vom Einkommen ihre Familien versorgen, Eigenheime schaffen und sich mal einen Urlaub oder ein neues Auto erlauben können? Oder steuern wir auf Menschen zu, die schnelles Geld suchen, und die zur Unterhaltung auf den Sport wetten, statt ihn selbst zu treiben? Politik kann gestalten!

Welche bleibenden Werte produziert die selbsternannte „Glücksspielindustrie“ für unsere Volkswirtschaft? Klar ist derzeit vor allem eines: Es geht um einen Umverteilungsmechanismus. Von dem gilt: Am Ende gewinnt immer die Bank. Der lockende „Milliardenmarkt“ besteht aus Geld, das unsere Bürger übrig oder in vielen Fällen auch nicht übrig haben. Ist dieses Geld bei Wettunternehmern besser angelegt, als im Einzelhandel, bei Handwerkern oder bei Gastromen? Ist eine Glücksspielabgabe besser als die Mehrwertsteuer? Was wird im Konzert des Länderfinanzausgleichs passieren?

Am 04. Mai 2011 folgt der zweite Teil der Anhörung zum Glücksspielgesetz im Innen- und Rechtsausschuss. Er bringt vielleicht weitere Fragen und Erkenntnisse. Dann geht es auch um die Kontrollierbarkeit des Internets und gesetzeswidriger Finanzströme.

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