Wie die Deutsche Polizeigewerkschaft im DBB die Lage der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei einschätzt

Sehr geehrter Herr Kalinka,

die Deutsche Polizeigewerkschaft im dbb möchte die heutige Pressemitteilung gerne zum Anlass nehmen, kurz ihre Sicht der Dinge zu entgegnen.

1. Die Polizei ist und wird ­ trotz Konsolidierungskurs des Landeshaushaltes ­ bis 2015 von Einsparungen ausgenommen. Dies ist auch deswegen hoch beachtlich, weil die Polizei mit 6500 Mitarbeitern den zweitgrößten Personalkörper im Landesbereich ausmacht.

Die DPolG erkennt an, dass diese politische Zusage eingehalten wird. Trotz dieses Zugeständnisses ist die Personallage in der Landespolizei hochbrisant.

2. Mit dem Doppelhaushalt 2011/2012 ist für die Landespolizei ein verlässliches Beförderungs- und Strukturpaket beschlossen worden, dass in 2011/2012 jeweils ca. 700 Beförderungen ermöglicht und für die Beamtem tatsächlich auch mehr Geld bedeutet.

Die DPolG erkennt an, dass eine einigermaßen verlässliche finanzielle Basis geschaffen wurde, Personalstrukturmaßnahmen durchzuführen. Die Zahl von ca. 700 Beförderungen täuscht darüber hinweg, dass die Masse der Beförderungen in bzw aus den Eingangsämtern erfolgen.
Im Ländervergleich liegt Schleswig- Holstein deutlich hinter den anderen Ländern, die zum Teil die zweigeteilte Laufbahn realisiert haben, zurück. Insofern ist es auch im Zuge des künftigen Wettbewerbs um die besten Köpfe erforderlich, in der Landespolizei Schleswg- Holstein gute berufliche Perspektiven zu schaffen.

3. In die Modernisierung polizeilicher Liegenschaften werden kurz- und mittelfristig mehr als 22 Millionen Euro investiert, zum Beispiel in Reviere in Lübeck und Neumünster.

Die DPolG erkennt an, dass trotz schwieriger Haushaltslage in Bau- und Modernisierungsmaßnahmen investiert wird. Bei objektiver Betrachtung der vorhandenen Liegenschaften ist auch künftig erheblicher Bedarf auszumachen. Die jetzigen Investitionen decken gerade einmal den Bedarf für die schlimmsten Fälle.

4. Die Optimierung der polizeilichen Dienststellenstruktur erfolgt ohne Rückzug aus der Fläche. Die Konzentration der Polizei auf ihre Kernaufgaben
soll bis 2015 rund 100 Planstellen mehr für den operativen Dienst erbringen. Auch dies stärkt die Einsatzkraft der Polizei.

Hier möchte ich im Namen der DPolG deutlich widersprechen.
Die wenigen identifizierten Bereiche, die nicht als „Kernaufgabe“ angesehen werden, reichen längst nicht aus, um 100 Planstellen freizusetzen. Zudem darf ich anmerken, dass z.B. die geplante Auflösung der Polizei- Big- Band studierte Musiker freisetzt, aber kaum Polizeibeamte oder wenigstens Verwaltungsbeamte. Die Definition von polizeilichen Aufgaben als „Kernaufgabe“ oder „keine Kernaufgabe“ ist aus unserer Sicht von der Politik nicht erledigt worden.
Vielmehr müssen derzeit „wilde“ Organisationsveränderungen betrieben werden, um dringend benötigtes Personal umzusteuern. Neben der strategischen Lücke haben alle vier Regionalleitstellen nachträglichen Personalbedarf angemeldet, weil der anzunehmende Personalbedarf am grünen Tisch viel zu optimistisch bewertet wurde.
Durch eine sukzessive Schließung kleiner Polizeistationen bei günstiger Gelegenheit (idR Pensionierung) und die Zusammenlegung und Zentralisierung von Organisationseinheiten wird im Moment eben doch ein Rückzug aus der Fläche vollzogen.

5. Die sächliche Ausstattung der Polizei Schleswig-Holstein ist auf einem guten Stand. Sozialverträglichkeit, Arbeits- und Gesundheitsschutz, weitere Initiativen zur Verbesserung der Situation der Beamtinnen und Beamten nach belastenden Einsätzen wie die allgemeine Fürsorgeverantwortung des Dienstherren sind bei der Polizei selbstverständlich.“

Auch hier konstatieren wir, das längst nicht alles schlecht ist und sich einiges getan hat. Wir sind uns unserer Verantwortung einer fairen Bewertung bewusst. Die Einführung der neuen Dienstwaffe P99 und des ausziehbaren Einsatzstockes waren dringende Anschaffungen. Die Reinvestition in die Computertechnik des Landesystemkonzeptes und in Schusswesten klappt bisher verlässlich. Sorge bereitet die Abkehr vom Leasingkonzept für Polizeifahrzeuge. Der Kostendruck könnte uns wieder in eine Situation bringen, aus der heraus man sich einst für Leasing entschieden hat.
Zur Vollständigkeit muss aber angeführt werden, dass es durchaus defizitäre im Bereich der Sachausstattung gibt. Die Ausstattung der Polizei mit Auswerterechner und „normalen“ DSL- Internetrechnern ist katastrophal. Eine ganz normale Schutzpolizeidienststelle ist nicht in der Lage, eine CD einer Überwachungsanlage eines Kaufhauses, einer Tankstelle oder Diskothek anzusehen, geschweige denn beweiskräftig auszuwerten.
Recherchen zu Ermitllungszwecken im Internet sind so gut wie nicht möglich, da lediglich ein langsamer und unzuverlässig funktionierender Internetzugang über das LSK vorhanden ist. Eine Speicherung von Dateien ist aus Sicherheitsgründen verboten, die Betriebssoftware veraltet und bestimmte Seiten zur Nutzung gesperrt.

Ich hoffe, sehr geehrter Herr Kalinka, dass die Hinweise der DPolG hilfreich bei der Bearbeitung künftiger politischer Schwerpunktsetzungen sind. Gerne sind wir auch bereit, dieses in einem Gespräch zu vertiefen.

Mit freundlichen Grüßen

Torsten Gronau
Landesvorsitzender DPolG

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